Enkelin von Nauni besucht die Grabstätte ihres Großvaters
Anfang August 2001 erhielten wir eine E-Mail aus Holland. Ein Zahnarzt nahe der kleinen Stadt Leiden erkundigte sich nach der Geschichte vom „Zigeunerkönig“, die wir seit Anfang der WebSite veröffentlicht hatten. Er habe mit großer Freude den Bericht über Nauni Weinlich , den sog. „Zigeunerkönig “ gelesen.
Er schrieb, seine damals 80 Jahre alte Mutter Anna Weinlich sei die Enkelin von Nauni. Sie selbst habe den Großvater nie kennen gelernt, da er Jahre vor ihrer Geburt gestorben war, doch ihr Stamm habe stets mit großer Hochachtung von ihm gesprochen, so dass er ihr trotzdem sehr vertraut war. Der Name „Osendorf“ als Ort der Ruhestätte war ihr namentlich bekannt, jedoch wusste sie nicht, wo der Ort sein könnte. Sie und alle Verwandten des Stammes wurden in der Zeit des Faschismus in Konzentrationslager verschleppt, sie hat überlebt und es verschlug sie nach der Befreiung nach Holland. Dort hat sie geheiratet und mehrere Kinder geboren. Lebende Angehörige ihres Stammes fand sie nicht, deshalb dachte sie oftmals an das hoffentlich noch vorhandene Grab des Großvaters in Osendorf. Mit Ihrem Sohn Henk sprach sie oft über ihr früheres Leben und die Sehnsucht nach der Grabstätte. Beide haben versucht, dieses Osendorf zu finden. Aber auch eine amtliche eingeschaltete Stelle konnte oder wollte ihr nicht helfen.
Umso freudiger war sie, als ihr Sohn ihr die Entdeckung im Internet auf unserer Webseite mitteilte. Henk erzählte, er hatte das Telefon in der Hand und las der Mutter die Texte vor, und sie erinnerte sich sofort, dass dies die Grabstätte sein müsste. In einer weiteren Mail teilte Henk uns mit, dass er diese Ruhestätte umgehend aufsuchen möchte, zunächst ohne Mutter, und ob wir ihm dabei unterstützen könnten. Zunächst dachten wir, das sich jemand einen Scherz mit uns erlaubt habe, da wir mit einer solchen Resonanz auf die Geschichte von Nauni nicht gerechnet hatten. Doch 2 Tage später war Henk persönlich bei uns in Osendorf, und gemeinsam besuchten wir die Kapelle. Auch Herr Kopp vom Heimatverein Ammendorf begleitete uns.
Der bauliche Zustand der Kapelle tat Henk weh, trotzdem war er sehr froh, die letzte Ruhestätte seines Urgroßvaters gefunden zu haben. Der Leichnam liegt in einem Eichensarg und dieser in einem Zinksarg, welcher noch recht gut erhalten ist. Über Herrn Kopp kam Henk noch mit Manfred Döll in Verbindung, welcher seit Jahrzehnten über die Geschichte des Saalkreises forscht. Herr Döll erzählte Henk, dass in Blankenburg/Harz noch ein Enkel von Nauni, Otto Weinlich , leben soll. Henk fuhr natürlich sofort dort hin, fand die Adresse, doch leider war Otto Weinlich 3 Wochen vorher verstorben. Die Witwe Weinlich und ihre Tochter waren vollkommen überrascht, denn auch Otto Weinlich dachte, dass es keine Familienangehörigen mehr gibt. Henk berichtete uns von dieser Begegnung ziemlich emotional. Wir waren sehr stolz, dass durch unsere Webseite diese Begegnung zustande kam.
Im August 2003 nun endlich konnte Henk mit seiner jetzt 82 – jährigen Mutter und seiner Tochter die Kapelle in Osendorf besuchen. „Naunis“ Enkelin war sehr froh und dankbar, das es ihr im hohen Alter noch vergönnt war, die letzte Ruhestätte des großen Rechtssprechers der Sinti persönlich besuchen zu können, nach dem sie es Jahrzehnte lang gesucht hatte. Auf den folgenden Seiten veröffentlichen wir Bilder über diese Begegnungen. Wir hoffen, dass es allen noch lange gut geht und wir noch weiterhin über den Fortgang der “ Geschichte über den Zigeunerkönig “ berichten können.