Das vergessene Depot

Das vergessene Depot am Ende der Straße des Bergmanns


Unser aufmerksamer Leser Maik Kattner-Lorenz bat um Veröffentlichung

Wenn mein Vater Paul Feierabend an hellen und warmen Sommerabenden hatte, fuhren wir mit den Fahrrädern durch ein kleines Wäldchen an einer Bitumenfabrik in der Nähe von Halle/Osendorf. An einem ehemaligen gefüllten Tagebaurestloch befand sich zur damaligen Zeit ein streng bewachtes Objekt der NVA. Gebannt verfolgte ich manchmal das Geschehen der übenden Soldaten dieses Objektes im Wäldchen, die immer für so kleine Jungs wie mich Süßigkeiten in Ihrem Gepäck mit hatten. Viele Jahre später als militärhistorischer Heimatforscher versuchte ich, näheres über dieses Objekt und die stationierte Einheit zu erfahren. Wage und teilweise fantastisch waren damals die Antworten der Osendorfer über die militärische Verwendung des Objektes. Dieses exponierte Objekt auf einen Bergrücken war allgemein als das Munitionsdepot Osendorf in Fachkreisen bekannt. Es existierte schon in den 1950`er Jahren, als die Kasernierte Volkspolizei der DDR das Objekt aufbaute. Hier wurden später die so genannten Kampfsätze der 11. MSD (motorisierten Schützendivision) der NVA, also jegliche benötigte Munition der Einheit für den V.- Fall teilweise unterirdisch eingelagert. Wie heute noch gut zu erkennen ist, war das Objekt mit einem doppelten elektrischen Zaun umgeben. Die eingelagerten Munitionsreserven für den Einsatzfall wurden mit dem Fuhrpark des BMS-11 (Bataillon materielle Sicherstellung der 11. MSD) transportiert und der kämpfenden Truppe zugeführt. Diese Einheit entstand 1980 aus der Zusammenführung des damaligen Transportbataillons, der Feldbäckereikompanie und dem Divisionslager der 11. MSD. Darüber hinaus waren auf diesem Gelände die weitere Kfz-Technik des BMS-11, hier vorwiegend Kfz-Technik untergebracht, die auch die Tagessätze der Verpflegung und die Bekleidung und Ausrüstung aus dem Lager Trotha sowie die Treib- und Schmierstoffe aus dem Lager Heide der 11. MSD abzuholen und nachzuführen hatte. Der beachtliche Fuhrpark umfasste 230 der unterschiedlichsten Militärkraftfahrzeuge. Hierzu gehörten u.a. die Typen TATRA T 138 und 815, IFA G-5, Ural, IFA W-50 und diverse Wassertank- und Treibstofftankfahrzeuge. Diese wurden in den Hallen des Technischen Bereiches gewartet. Auffällig sind heute noch die vorhandenen kleineren Baracken, die in einem gleichmäßigen Sicherheitsabstand auf dem Gelände positioniert sind. In diesen Gebäuden hatte eine Wartungsgruppe den Auftrag, ankommende Munition aus den industriellen Produktionsstätten zu entkonservieren und für späteren Nachschub zur kämpfenden Truppe zu kommissionieren.

Das Objekt hält heute noch seinen halb vergessenen Dornröschenschlaf exponiert auf besagten Bergrücken. Eingebettet in eine, wie ich finde, wunderschöne renaturierte Landschaft zwischen Halle und Leipzig.

F.d.R.d.A.: Maik Kattner-Lorenz – Militärhistorischer Heimatforscher- *Mein Dank geht an das Bundesarchiv Koblenz, Dr. Rüdiger Wenzke MGFA Potsdam und OLT a.D. Gerold Möller.*


Galerie – Das vergessene Depot